31. Dezember 2022

 Beste Filme 2022

1. Aftersun - Charlotte Wells

ist ein herausragender Debüt-Film.  Ein britischer Vater und seine Tochter im Türkei-Urlaub in den 90ern. Die Regisseurin setzt Gefühle kongenial in Bilder um. Zunächst passiert (scheinbar) nicht viel, man braucht Geduld, muss Leerstellen ausfüllen. Erst zum Schluss erschließt sich, worum es eigentlich geht. Und dann trifft es einen mit voller Wucht! Im Kino gewesen, geweint. Mit großem Abstand der Film des Jahres!












2. The Worst Person in the World von Joachim Trier 

ist nicht sein bester Film (das war "Oslo 31. August") aber auch hier schafft Trier es, dass Gefühl zu erzeugen, zusammen mit den Figuren Oslo und das Leben zu erkunden. Und es gibt einen der schönsten Party-Flirts der Filmgeschichte.



3.  A Hero von Farhadi 

ist ein intensives, atemberaubendes Erlebnis, wenn man sich drauf einlässt. Unerbittlich zieht der iranische Film seine Zuschauer in einen nervenaufreibenden, moralischen Konflikt  hinein und irgendwann wird es unmöglich zu sagen, wer Recht hat und wer nicht.


















4. Good Luck to you, Leo Grande von Sophie Hyde

Eigentlich hasse ich kammerspielartige 2-Personen Dramen - dafür wurde das Kino nicht erfunden. Aber hier sind die Dialoge so briliant, die Inszenierung so überzeugend und die Darsteller so überragend, dass mich der Film in den Bann gezogen hat. Und dann dieses großartiges Ende: Chapeau, Emma Thompson!



5. Triangle of Sadness  von Ruben Östlund

sorgte in Berlin zurecht für ausverkaufte Kinos. Mir gefiel vor allem das erste Drittel mit den Paar-Problemen, die Stammtischsprüche von Oligarch und Kapitän dann eher weniger. Das letzte Drittel  war mehr Dschungelcamp als Kapitalismuskritik - und verstörte mit einem abrupten Arthouse-Ende. Trotzdem alles höchst unterhaltsam. 


6. Abteil Nr. 6 von Juho Kuosmane

gefiel mir, obwohl ich mich nicht mehr gut an alles erinnere. Eine Reise mit der Bahn nach Sibirien, eine Finnin und ein Russe. Also auch hier ein filmischer Trip, auf dem man mit den Protagonisten zusammen die Welt neu entdeckt. Alles natürlich lange vor dem Ukraine-Krieg geschrieben und gedreht - so zeugt der Film ein wenig nostalgisch von einer längst vergangenen Epoche.


7. Avatar – The Way of Water  von James Cameron

Zugegeben: die Story ist nicht toll und ähnelt  zu sehr dem Plot von Teil1. Disneyeske Familienwerte werden gepusht und die Rollenbilder sind von vorgestern. Doch all das lässt sich verschmerzen, denn es geht  um das Eintauchen und Erkunden neuer Fantasiewelten, nicht um Charakter und Plot. Und Pandoras Unterwasserwelt mit neuen unglaublichen Geschöpfen ist so betörend geraten, dass man im Kino endlos Apnoe-tauchen möchte. 

Für den Erfolg des Blockbusters sorgt allerdings auch der erotische Subtext: Expliziter Sex wird bei Disney natürlich ausgespart, aber in welchen amerikanischen Mainstream-Filme dürfen die Hauptfiguren drei Stunden lang  ihre fast nackten, perfekt-muskulösen (und zum Teil sehr jungen) Körper präsentieren? Solange alle blau und computergeneriert sind, scheint das für Hollywood okay zu gehen.





8. Alle reden übers Wetter – von Annika Pinske

Ein rundum gelungener deutscher Film über eine Frau, die zwischen ihrem akademischen Milieu in Berlin und ihrer Brandenburger Proleten-Familie pendelt. Kommt fast so stilsicher und authentisch rüber wie britische Sozialdramödien.


9. Parallel Mothers – Pedro Almodovar

Endlich mal wieder ein guter Almodovar – in dem es zur Abwechslung auch mal um was geht!


10. Bones and All – Luca Guadagigno

Ein neues Genre ist geboren: das romantische Kannibalen-Drama. Nun ja, hat so richtig keiner drauf gewartet.Aber da ein Regisseur wie Guadagigno einfach keine schlechten Filme machen kann, gehen die romantischen Szenen unter die Haut und der Horror lässt einem das Blut gefrieren. Ob das eine gelungene Kombi ist und was das Ganze eigentlich soll, weiß ich allerdings auch nicht.

                                                                                                   










THE WORST: Im Westen nichts Neues

Der großartige Roman verkommt in dieser für den Oscar nominierten, deutschen Netflix Produktion zu einem effekthascherischen Gemetzel - eine einzige Dreck-, Blut- und Gewaltorgie, in dem der "Held" wie ein Ego Shooter um sein Leben ballert. Alle ruhigen, anrührenden, interessanten Momente des Romans wurden gestrichen. Unteriridisch und überflüssig - dass Krieg irgendwie scheiße ist, wussten wir vorher schon.