12. Februar 2010

Wie eine Stimme einen Film rettet

HOWL von Rob Epstein, Jeffrey Friedman mit James Franco, Mary-Louise Parker  

Howl, der Film über Alan Ginsberg und sein berühmtes Gedicht gleichen Namens war mein erstes Must-see. Der Schocker schon einmal vorneweg: Der Film bebildert das ergreifende Gedicht, das Ginsberg Mitte der 50er Jahre schrieb und zum Schlüsselwerk der Beat Generation wurde, mit kitschigen, in Thailand gefertigten Animationssequenzen, die jede poetische Fantasie zerstören. Dazwischen Szenen, die den Gerichtsprozess zeigen, bei dem Howl wegen Obszönität verboten werden sollte: didaktisch wie ein Literatur-Proseminar. Und bei den Sequenzen, in denen James Franco als Ginsberg von der Entstehung von Howl erzählt, handelt es sich um nachinszeniertes Interviewmaterial. Das heißt, in das Skript von Howl ging nicht eine einzige neue Idee oder Interpretation ein - die Filmemacher haben sich offenbar nicht getraut, Ginsbergs Werk ihre eigene Fiktion hinzuzufügen. Warum dann nicht gleich eine Doku? Dennoch hat es der Film geschafft, mich zu berühren - mehr sogar, als viele andere, und das liegt an James Francos Stimme.

Diese knarzige, sinnliche, penetrante, blecherne, charmante, hypnotisierende, süchtig machende Stimme des Schauspielers aus Milk und Spider Man, der als Ginsberg natürlich viel zu gut aussehend besetzt ist. Aber das macht überhaupt nichts, denn James Francos unglaubliche, begeisternde Stimme lässt einen, wenn er Howl rezitiert, den Wahnwitz, das Bahnbrechende, das Unerhörte, Düstere, Erotische, Traurige, Sehnsüchtige und zutiefst Menschliche des Texts spüren... - und rettet somit einen ganzen Film!