19. Februar 2011

The Forgiveness of Blood

Rudina (Sindi Lacej)
And my personal Golden Berlinale Bear goes to: "The Forgiveness of Blood". Vom Regisseur Joshua Marston lief vor einigen Jahren schon der wunderbare "Maria full of Grace" über eine kolumbianische Drogenkurierin auf dem Festival. Diesmal geht es um das Schicksal zweier Teenager in einem albanischen Dorf, die durch eine unheilvolle Familienfehde in eine ausweglose Situation geraten. Nachdem der Vater in einem Streit  einen Nachbarn erschlagen hat und geflohen ist, darf der 18-jährige Sohn Nik das Haus der Familie unter Lebensgefahr nicht mehr verlassen und seine 15jährige Schwester Rudina muss die Schule aufgeben und den Job des Vaters machen - sie verteilt Brote mit einem Pferdekarren. Der Regisseur schafft es durch den teilnahmsvoll-distanzierten Blick der Kamera eine starke Identifikation mit der beklemmenden Situation von Bruder und Schwester  zu erzeugen. Trotz archaischer Bräuche und Armut sind die beiden letztlich ganz normale Teenager mit nachvollziehbaren Sehnsüchten und Träumen: Nik möchte viel lieber eine hübsche Klassenkameradin erobern und ein Internetcafé eröffnen, als die Familienehre zu verteidigen. Er schafft es schließlich, sich mit Hilfe der Schwester  gegen den übermächtigen Vater aufzulehnen - doch damit ist das Dilemma  noch nicht gelöst - und er muss eine schwere Entscheidung treffen. Obwohl Nik die Hauptfigur des Films zu sein scheint, gönnt der Regisseur Rudina die letzte Einstellung des Films: Unter dem Druck der Ereignisse hat sie einen unglaublichen Überlebenswillen entwickelt und ist innerhalb der Familienstruktur zur stärksten Figur gereift. Marston hat für die beiden Hauptrollen zwei wunderbare Laiendarsteller entdeckt, die den Film durch ihre Präsenz und Ausstrahlung zu einem intensiven Erlebnis machen. Auch für alle geeignet, die glauben, sich nicht für albanische Familienfehden zu interessieren.