13. April 2011

Die Filme des Frühlings

Winter's Bone vs. Sucker Punch

Topmodel-Armada gegen Zombie-Nazis (Quelle: Getwallpaper.com)
Letzte Woche sah ich im Cinestar am Potsdamer Platz zwei amerikanische Filme, denen gemeinsam ist, dass darin eine junge blonde Heldin ums Überleben kämpft. Doch hier enden auch schon die Parallelen, denn beide Produktionen stellen so etwas wie die extremen Pole der amerikanischen Filmindustrie dar. Auf der einen Seite der sensible Independent-Film Winter's Bone, auf der anderen Sucker Punch, ein Special-Effects-Blockbuster .

Sucker Punch wirkt, als hätte Regisseur Zac Snyder die weibliche Variante seines Testosteron-getränkten Erstlings drehen wollen, das Heldenepos 300, der sich mit 'Die Chippendales ziehen in den Krieg' knapp zusammenfassen ließe. Sucker Punch dagegen wirkt wie eine Casting-Show auf Ketamin - plus jede Menge gewalttätiger Videospielszenarien. Fünf junge Damen, die allesamt wie angehende Topmodel-Kandidatinnen aussehen, werden gegen ihren Willen in einer gefängnisartigen Nervenklinik festgehalten. (In der Fantasie der Protagonistin Baby Doll verwandelt sich die Klinik in ein Bordell - ebenfalls eine adäquate Castingshow-Metapher.  Nur wird in diesem Bordell - dem amerikanischen Jugendschutz zuliebe - nur getanzt, aber nie gefickt.) Selbstverständlich kann nur eine der fünf gutgebauten jungen Damen Topmodel werden, äh, den Weg in die Freiheit schaffen. Als Antagonisten stehen den 'Mädchen' die Nervenärztin/Bordellchoreografin Dr. Gorski und der sadistische Anstaltsleiter/Bordellbesitzer Blue Jones gegenüber.

Dr. Gorski-Klum: 'Diese Woche konntest du uns nicht wirklich überzeugen'. (Quelle: Movie God.de)
Gorski wie Jones sind dafür verantwortlich, den Willen der 'Mädchen' zu brechen, sie zu trainieren, abzurichten und zu quälen -  sie machen gewissermaßen also Heidi Klums Job. Zudem müssen die Girls in videospielartigen 'Challenges' beweisen, was in ihnen steckt und kämpfen gegen riesige Samurai-Roboter, wurmzerfressene Nazisoldaten und fauchende Drachen - das Leben eines Topmodels ist nun mal hart. Nacheinander kommen drei der Mädchen dabei um ("heute habe ich leider kein Bild für dich"),  die letzten beiden verbliebenen Kandidatinnen dürfen um den ersten Platz (die Freiheit) ringen. - Okay, die Analogie zu den Topmodel-Shows ist vermutlich nicht bewusst  angelegt. Allerdings macht sie das Anschauen dieses völlig sinn- und seelenlosen visuellen Overkills wesentlich vergnüglicher.

Im Gegensatz zu Sucker's Punch geht es in Winter's Bone um echte Menschen und Gefühle. Der Film zeigt das Milieu der armen Landbevölkerung von Missouri und ist voller Sympathie für das Schicksal seiner einsamen Hauptfigur Ree, die großartig von der Newcomerin Jennifer Lawrence gespielt wird. Ree ist ganz  auf sich allein gestellt mit der Aufgabe, ihre Familie und die jüngeren Geschwister durchzubringen. Sie muss  ihren seit Wochen verschwundenen Vater  vor einem anstehenden Gerichtstermin auftreiben,  sonst wird das Haus der Familie gepfändet.

Eins der herben Gesichter von Winter's Bone  (Quelle: imdb.Com)
Diese schlichte, geradlinige Geschichte nutzt der Film für eine beinahe dokumentarische, liebevoll-detaillierte Skizze seines Hinterwäldler-Milieus. Er zeigt eine trostlose Winterlandschaft und erzählt  authentisch von ihren  heruntergekommenen Bewohnern, die offensichtlich vom American Dream im Stich gelassen wurden. Und dazu gibt es dann auch noch ein paar sehr schöne und sehr traurige Country-Lieder...